Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, wie Glück entsteht? Welche Faktoren, Handlungen und Umstände tragen wohl dazu bei, sich mehr oder weniger glücklich zu fühlen? Der ungarische Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi widmete einen großen Teil seiner Karriere der Forschung nach dem Ursprung der Glückseligkeit, da er überzeugt war, dass dieser Zustand nicht von äußeren Bedingungen wie Fortuna oder Geld abhängen würde.
Nachdem er Hunderte von Interviews mit Menschen in verschiedenen Berufen geführt hatte, entwickelte Csikszentmihalyi die Flow-Theorie. Nach Ansicht des Wissenschaftlers ist Flow ein Bewusstseinszustand, in dem wir so sehr in eine Tätigkeit vertieft und involviert sind, dass wir alles andere vergessen. Während dieser optimalen Erfahrung, die mit einem Zustand der Ekstase oder einer Trance in einer Wettkampfsituation vergleichbar ist, neigen wir dazu, unser Zeitgefühl zu verlieren und sogar das Bewusstsein für uns selbst. Es ist ein Moment, in dem wir „statt namenlosen Kräften ausgeliefert zu sein, verspüren, die Kontrolle über unsere Handlungen zu haben und Meister unseres eigenen Schicksals zu sein“. Zudem sind wir in diesem Moment in der Lage, alles zu geben und ein sehr großes Glücksgefühl zu empfinden.
Csikszentmihalyi und sein Forscherteam befragten Tausende von Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten mit dem Ziel, diese Theorie zu bestätigen oder zu widerlegen. Die Untersuchungen ergaben, dass diese Erfahrung von Männern und Frauen, Jungen und Alten, unabhängig von den wirtschaftlichen und soziokulturellen Bedingungen, in gleicher Weise beschrieben wurde. Das Konzept des Flows wurde seitdem in verschiedenen Bereichen angewandt, von der klinischen Psychotherapie über die Umerziehung in Jugendgefängnissen bis zur Organisation von Rundgängen in Museen.
Wir alle erinnern uns an die Euphorie, die wir als Kinder beim Spielen empfanden, als wir unsere gesamte Aufmerksamkeit auf ein Objekt richten und die Außenwelt komplett ausblenden konnten. Die gleiche Zufriedenheit erleben wir auch als Erwachsene, wenn wir uns einer Tätigkeit widmen, die uns Spaß macht und für die wir die richtigen Fähigkeiten besitzen: die Arbeit, der Sport, oder einfach das Lesen eines Buches oder das Basteln von etwas Handgemachtem.
Die Flow-Theorie untergräbt das Klischee, das Glück mit der Abwesenheit von Sorgen und dem Vorhandensein günstiger äußerer Bedingungen in Verbindung bringt. Nach Csikszentmihalyi entsteht es vielmehr durch das Erreichen eines äußerst aktiven Geisteszustandes, der unsere Fähigkeiten auf die Probe stellt und uns dazu anspornt, unser Bestes zu geben. In diesen Momenten spüren wir keine Ermüdung und empfinden eine tiefe Befriedigung durch die Tätigkeit, die wir gerade ausüben, ungeachtet möglicher externer Belohnungen oder Anerkennungen. Wir sind hoch motiviert, die begonnene Aufgabe zu beenden. Es gelingt uns zudem, unser Potenzial voll auszuschöpfen und dabei hervorragende Ergebnissen in Bezug auf Kreativität und Produktivität zu erzielen.
Wenn die optimale Erfahrung etwas ist, das jeder von uns anstreben kann, und „die besten Momente unseres Lebens nicht die passiven, rezeptiven und nur die entspannten sind“, dann hört Glück auf, etwas Zufälliges zu sein oder etwas, dass unabhängig vom eigenen Willen stattfindet. Indem wir uns mit Leib und Seele den Aktivitäten widmen, die uns Spaß machen, fühlen wir uns glücklicher und erfüllter, vergessen die Angst vor dem Scheitern und stellen uns den Herausforderungen mit mehr Mut und Selbstachtung.
Laut Csíkszentmihályi gibt es dann noch einen weiteren Schritt, um die höchste Stufe des Glücks zu erreichen: „Wenn es uns gelingt, die eigene Existenz an einen kraftvollen Zweck zu binden, dann kann das Leben selbst zu einem einzigen langen Flow werden, in dem alle Erfahrungen miteinander verbunden und geordnet sind.“ Uns gefällt der Gedanke, dass die Existenz eines jeden durch einen „roten Faden“ zusammengehalten werden kann und so dem Leben einen höheren Sinn und Zweck verleiht: ein Ziel, ein ultimativer Zweck, der uns zu Träumen, Wünschen und täglichen Handlungen inspirieren und motivieren kann.